Warum ein Päckchen Pudding mich zu Tränen rührte
Es sind oft die kleinen Zeichen, die zeigen, dass man nicht vergessen ist. Umso schmerzlicher ist es, wenn diese Zeichen ausbleiben. Im Alltag wie auch bei meinen Herzensprojekten.
Ich sitze im Sessel, die Stille drückt. Die Angst, dass die Verschlechterung dauerhaft sein könnte, setzt sich in meinen Gedanken fest. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass gerade jetzt mein Handydisplay aufleuchtet: Ein kleiner Gruß, ein Zeichen, dass jemand an mich denkt. Schon die „normalen“ Tage sind in punkto Einsamkeit eine Herausforderung. Doch wenn Jürgen wie jetzt ein paar Tage unterwegs ist, wird die Stille zwischen seinen Nachrichten fast unerträglich. Denn da ist von kaum einmal von anderer Seite ein kurzes „Wie geht es Dir heute?“, kein kleines Lebenszeichen, das mich spüren lässt: Du bist nicht vergessen.
Es sind Kleinigkeiten, die mir fehlen: Ein Smiley, eine Reaktion auf einen meines Posts oder eine spontane Frage nach meinem Befinden. Für andere vielleicht Nebensächlichkeiten. Für mich sind es große Momente der Verbindung, die mir zeigen: Ich gehöre noch dazu.
Das schmerzliche Schweigen
Was im Alltag fehlt, setzt sich auch in meinen Herzensprojekten fort. Nur eine einzige Reaktion aus dem Freundeskreis zu meinem Song „Unsichtbar“, der so viel von mir erzählt. Kaum eine Rückmeldung zu meiner Pacing-Pause im September, die ich wegen der Verschlechterung meiner Symptome einlegen musste. Gerade das Schweigen von Menschen, die mir eigentlich besonders nah sind, tut besonders weh.
Innere Zerrissenheit
Manchmal frage ich mich, ob es nach außen so wirkt: Wenn sie doch Energie hat, Blogbeiträge zu schreiben, dann könnte sie auch mehr Kontakte pflegen. Und ja, dieser Gedanke beschäftigt mich. Doch ich muss abwägen: Die wenige Kraft, die ich habe, kann ich nur einmal einsetzen. Schreibe ich an meinem Blog, schenkt mir das Selbstwirksamkeit. Ich fühle mich wieder nützlich und habe das Gefühl, etwas für uns ME/CFS-Betroffene bewegen zu können.
Gleichzeitig ist der Blog für mich auch eine Form von Verbindung – dort schreibe ich in Etappen über mich, meine Gedanken und meinen Schmerz, wenn mir die Kraft zum Sprechen fehlt. Trotzdem bleibt die Angst: Verliere ich dadurch den direkten Kontakt zu meinen Freunden?
Sehnsucht nach Nähe
Für mich sind die kleinen Zeichen riesig, weil ich den größten Teil meiner Tage allein verbringe. Jeder Satz, jedes Symbol ist ein Stück Verbindung zur Welt da draußen. Ohne diese Zeichen fühle ich mich abgehängt, übersehen, vergessen.
An so vielen Tagen ist es verdammt schwer, das auszuhalten. Dann, wenn die Stille im Raum so laut wird, dass sie fast dröhnt. Wenn ich ein Ziehen in der Brust spüre, ein Gefühl von Leere, als würde etwas in mir zusammensinken. Wenn Gedanken kreisen und Zweifel nagen: Bin ich meinen Freunden nicht mehr wichtig? Habe ich mich zu sehr zurückgezogen? Oder sind es einfach nur die anderen Leben, die weiterlaufen während meines stillsteht?
Zeichen der Nähe
Und dann, fast so, als hätte jemand meine Sehnsucht gehört, lag im Briefkasten ein Umschlag. Absenderin: meine Freundin Brigitte. Darin ein paar „Glücklichmacher“-Tassenpuddings als süße Grüße und einige liebe Worte: „In Gedanken begleite ich Dich… Bitte weiter durchhalten, ich denke an Dich. Du schaffst das!“
Ich war so gerührt, dass ich mich hinsetzen musste. Die Tränen liefen, und es hörte gar nicht mehr auf. Gerade weil es sonst so still in meinem Umfeld geworden ist, tat es unendlich gut, diese Nähe zu spüren. Brigitte ist mit kleinen und manchmal auch größeren Aufmerksamkeiten präsent in meinem Leben. Sie zeigt mir immer wieder aufs Neue: Du bist nicht vergessen.
Zwischen Dankbarkeit und Enttäuschung
Und so schwanke ich hin und her. Tiefe Dankbarkeit für Brigitte, die mir mit ihren Gesten zeigt: „Du bist mir wichtig.“ Und gleichzeitig die leise Traurigkeit, dass andere schweigen. Dass die Nähe, die ich mir so sehr wünsche, nicht kommt.
Beides ist da, die Wärme und das Schweigen. Die Freude und die Traurigkeit. Dankbarkeit und Enttäuschung. Und in diesem Spannungsfeld sitze ich, suchend nach Halt, nach Zeichen, nach einem kleinen „Ich sehe Dich“.
Ein leiser Wunsch
Vielleicht ist es genau das, was wir alle brauchen: Nicht die großen Worte, nicht die großen Gesten, sondern kleine Zeichen im Alltag. Ein kurzer Gruß, ein ehrliches „Ich denke an Dich“. Solche Zeichen tragen durch dunkle Stunden und schenken das Gefühl, nicht unsichtbar zu sein. Denn am Ende geht es nicht um viel, sondern um das Kleine, das uns miteinander verbindet.
Welche Gesten oder Worte von Freunden haben Euch in schwierigen Zeiten besonders getragen?
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